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IHK fordert grundsätzliches Umdenken bei der Finanzstrategie

Die anstehende Legislatur bringt grosse Herausforderungen für die Thurgauer Regierung. Die Industrie- und Handelskammer wird das Gremium daran beurteilen, wie es den Kanton in den kommenden vier Jahren weiterbringt.

Der Thurgau ist einer der Kantone, dessen Bevölkerung stetig wächst, was für seine Standortattraktivität spricht. Im Gleichen wachsen die Steuerkraft und die Anzahl der potenziellen Arbeitskräfte. Diesem Wachstum gilt es erfolgreich zu begegnen. „Dazu gehört, dass Massnahmen aus dem neuen Thurgauer Wirtschaftsleitbild konsequent umgesetzt werden – beispielsweise die Reduktion von unnötigen Regulierungen oder effizientere Bewilligungsverfahren, wenn es um Neubauprojekte von Arbeitgebern aus der Region geht“, so IHK-Direktor Müggler. „Gerade bei Baubewilligungen zeigt sich, dass zu viele Amtsstellen die Prozesse bremsen und teilweise unnötige Anforderungen an Zweckbauten stellen.“ Weiter sieht die IHK bei den neuen Schulen, welche aufgrund des Bevölkerungswachstum unbestritten benötigt werden, Sparpotenzial. Im Vergleich zu privaten Bauprojekten – auch privaten Schulen – sind öffentliche Bauten oftmals markant teurer und erfüllen ästhetische Wünsche, die im Schulalltag kaum eine  Rolle spielen.

Notwendige Einsparungen überschaubar im Vergleich zum Gesamtaufwand
Bezüglich des Finanzhaushalts ist die IHK der Meinung, dass der Kanton nicht primär ein Einnahme- sondern ein Ausgabenproblem hat. Mit der im Januar vorgestellten Finanzstrategie will die Regierung u.a. den Steuerfuss für mindestens sechs Jahre erhöhen, auf die bereits beschlossene Abschaffung der Liegenschaftssteuer sowie auf Gebühren verzichten. Zum jetzigen Zeitpunkt lehnt die Kammer diese Massnahmen klar ab. Eine „prophylaktische“ und zugleich markante Erhöhung des Steuerfuss‘ ist der falsche Weg. Die sich abzeichnende Finanzlage des Kantons ist einerseits auf den Wegfall der Ausschüttungen der Nationalbank sowie auf die Rückgänge aus dem nationalen Finanzausgleich des Bundes zurückzuführen. Das heisst, dass der Kanton Thurgau ein strukturelles Defizit hat, wenn die erwähnten Sondereinnahmen längerfristig ausbleiben. „Es ist deshalb nicht angezeigt, einfach die Einnahmen zu erhöhen bzw. den Steuerzahler an die Kasse zu zwingen. Vielmehr muss nun eine Reduktion der staatlichen Ausgaben im Zentrum stehen, um die Aufwände wieder aus eigener Kraft stemmen zu können“, erklärt IHK-Direktor Müggler. Bei einem jährlichen Gesamtaufwand von rund CHF 2.5 Mia. machen die prognostizierten Aufwandüberschüsse von zwischen CHF 86 Mio. (2024) bis CHF 44 Mio. (2027) gerade mal 1.76 bis 3.4% des gesamten Haushalts aus. Einsparungen in diesem überschaubaren Rahmen müssen möglich sein – auch wenn sie im Einzelfall schmerzhaft sein mögen. 

Der Staat wächst schneller als die reale Wirtschaft
Seit Jahren wächst die kantonale Verwaltung, was einer der Kostentreiber in der Staatsrechnung ist. Gleichzeitig werden bestehende Stellen in der Verwaltung kaum abgebaut bzw. vor einer Neubesetzung wenig hinterfragt. Auch im Thurgau war das Staatswachstum in den vergangenen Jahren grösser als das Wirtschaftswachstum. «Die stetige Zunahme der Staatsquote führt direkt zu einer abnehmenden Wertschöpfung und dem Verlust von Wettbewerbsfähigkeit», so Müggler. Es ist deshalb wichtig, dass Projekte und Arbeiten der Verwaltung ein Preisschild erhalten. Auch als Signal an die Politik bzw. den Grossen Rat, der in seinen Sitzungen mit guten und weniger guten Ideen, die in Aufträgen an die Verwaltung münden, zur wachsenden Staatsquote beiträgt. Zudem sollten sich Staatsangestellte bzw. Stadt- und Gemeindepräsident/innen im Grossen Rat am politischen Credo eines «schlanken Staates» und nicht an Erträgen für ihre eigenen Gemeinden oder Bereiche orientieren.  

Mit Blick in die Zukunft kann es ein durchaus realistisches Szenario sein, dass die kantonalen Steuererträge aufgrund des Bevölkerungswachstums weiter zunehmen, die SNB wieder Ausschüttungen machen und der nationale Finanzausgleich ab 2026 wieder seine Wirkung zugunsten des Thurgaus entfalten wird. Ebenso hat der Kanton gerade für solche Schwankungen in den vergangenen Jahren höhere Reserven angelegt. Der Thurgau verfügt über solide bzw. steigende Steuererträge sowie über ein Nettovermögen von über CHF 600 Mio. Daran sollte sich auch die Regierung vorerst orientieren. 

Mehr Infos zur Finanzstrategie des Regierungsrats

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